Der öffentliche Auftrag der Institute der Sparkassen-Finanzgruppe erlangt in diesen Zeiten wachsende Bedeutung. Wichtige Säulen des gesellschaftlichen Engagements sind die Stiftungsarbeit, aber auch spezielle Engagements wie die Unterstützung des Europäischen Jugendparlaments. Im Interview geht Karolin Schriever auf beide Punkte ein und erläutert, warum sich mit der Stärkung der Regionen vor Ort immer auch eine Stärkung der europäischen Idee verbindet.
Frau Schriever, Sie sind im September 2022 von einer Big-Four-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in die Führung des DSGV gewechselt. Wie ist Ihre bisherige Bilanz an der Spitze des Dachverbands der öffentlich-rechtlichen Institute?
Der Wechsel fühlte sich vom ersten Tag wie eine Heimkehr an, da ich meine berufliche Laufbahn einmal ganz klassisch mit einer Ausbildung zur Bankkauffrau bei einer Sparkasse begonnen habe. Es beeindruckt mich vor allem immer wieder aufs Neue, wie vielfältig der 200 Jahre alte Gemeinwohlauftrag der Sparkassen in den Regionen unseres Landes umgesetzt wird. Hier kommen die Vorteile einer dezentralen Verbundstruktur mit einer starken Verwurzelung vor Ort voll zur Geltung.
Welche Bedeutung haben Sparkassen und die weiteren Institute der Sparkassen-Finanzgruppe in Zeiten multipler Krisen?
Wenn die Krisen der vergangenen Jahre eines gezeigt haben, dann dies: Sparkassen sind ein stabilisierender Faktor für die Wirtschaft, aber auch für die Gesellschaft. Das hat sich schon zu Zeiten der globalen Finanzkrise vor 15 Jahren gezeigt, als es zu enormen Einlagenzuwächsen bei Sparkassen gekommen war. Die Menschen vertrauen den Sparkassen. Und auch während der Pandemie, als die Institute der Sparkassen-Finanzgruppe zuverlässig Förderkredite durchgeleitet haben. Zu Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben Sparkassen zuletzt Hunderttausende von Konten für Geflüchtete eröffnet.
Welche Rolle spielen die Stiftungen der Sparkassen-Finanzgruppe und welchen Beitrag können sie für die Gesellschaft leisten?
Die 771 gemeinnützigen Stiftungen der Sparkassen-Finanzgruppe spielen eine zentrale Rolle bei der Erfüllung des öffentlichen Auftrags der Sparkassen. Dank ihnen kann das gemeinwohlorientierte Engagement jedes Jahr in Tausenden gesellschaftlich relevanten Projekten verwirklicht werden. Damit ist die Sparkassen-Finanzgruppe der stifterisch aktivste Unternehmensverband in Deutschland.
Neben der umfassenden Stiftungsarbeit engagiert sich der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) gemeinsam mit der Europäischen Sparkassenvereinigung (ESV) für das Europäische Jugendparlament (EYP *). Was genau können wir uns unter diesem Parlament vorstellen?
Das Europäische Jugendparlament ist ein europaweit einzigartiges Bildungsprogramm, bei dem Jugendliche zur Auseinandersetzung mit aktuellen europäischen Themen motiviert werden und den friedlichen politischen Diskurs ausleben. Das EYP ist in 39 europäischen Ländern präsent und verbindet somit Jugendliche in ganz Europa. Bei den europaweiten Sitzungen erleben sie interkulturellen Dialog, aktive demokratische Partizipation und Toleranz. Das Engagement und der Wille der Jugendlichen, die Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam zu lösen, ist eine prägende Erfahrung für diese jungen Menschen, in deren Händen die Gestaltung unserer Zukunft liegt.
Wie sieht die Unterstützung für das EYP konkret aus?
Seit 2011 fördert der DSGV gemeinsam mit der Europäischen Sparkassenvereinigung (ESV) die Internationalen Sitzungen des EYP über eine Partnerschaft mit der Schwarzkopf Stiftung Junges Europa. Diese beinhaltet neben dem Förderengagement den Besuch der Veranstaltungen – entweder durch Mitglieder der Geschäftsführung beider Förderpartner oder durch Beiträge von Experten zu Themen der jeweiligen Veranstaltungen. Die Sparkassen leben tagtäglich die demokratische Idee von gesellschaftlicher Teilhabe und wirtschaftlicher Selbstbestimmung. Daher fühlen wir uns dem EYP in besonderem Maße verbunden. Mit unserem gesellschaftlichen Engagement setzen wir uns für eine umfassende Teilhabe aller Menschen ein. Unser Engagement für das EYP ist ein Teil dieses umfangreichen, auf der Sparkassenidee beruhenden gesellschaftlichen Engagements.
Was sollte auf europäischer Ebene noch getan werden, um die einzelnen Regionen deutschland- und europaweit
zu stärken?
Einer der zentralen Grundsätze der Europäischen Verträge ist zu Recht das Subsidiaritätsprinzip. Es besagt,
dass Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden sollen. Eine starke regionale Ebene ist also ganz
im Sinne Europas. Allerdings gilt es, das Subsidiaritätsprinzip im politischen Alltag und angesichts der
großen Entscheidungen in Brüssel nicht aus dem Blick zu verlieren.
Was können die Sparkassen und Sparkassenstiftungen speziell zur Stärkung der Regionen beitragen?
Die geförderten Projekte der Sparkassen und der Stiftungen der Sparkassen-Finanzgruppe sind ganz individuell auf die Bedürfnisse und Herausforderungen der lokalen Gemeinschaften zugeschnitten. Damit erfolgt die Stärkung unmittelbar aus der Region selbst heraus. Dies gewährleistet nach meiner Überzeugung die beste Stärkung der regionalen Ebene, die es für das Land und für Europa geben kann.
Wo können dabei die Perspektiven und Chancen für die Sparkassen und deren Stiftungen selbst liegen?
Die Zukunft der Sparkassen und ihrer Stiftungen liegt in der Vertiefung ihrer Rolle als verlässliche und nachhaltige Säulen des gesellschaftlichen Engagements. Die Förderung von zukunftsgerichteter Innovation und Unternehmertum, etwa durch den Deutschen Gründerpreis, steht hier ganz im Mittelpunkt.
* European Youth Parliament.