Zurück

Nachhaltiger Riesling aus dem Sparkassen-Weingut

Die Nassauische Sparkasse hat das traditionsreiche Weingut Schloss Vollrads auf Kurs Zukunft gebracht

Luftbild Schloss Vollrads

Eine Sparkasse als Weingutbesitzer: Diese in Deutschland wohl einmalige Konstellation hat ihre eigene Geschichte – genau wie das betroffene Weingut. Die Nassauische Sparkasse (Naspa) in Wiesbaden und Schloss Vollrads im gut 20 Kilometer entfernten Rheingau haben 1999 unter eigentlich unglücklichen Umständen zusammengefunden. Ergebnis ist eine Erfolgsgeschichte, die sich auch von Corona oder dem Mehltau nicht stoppen ließ und das Weingut zuversichtlich in die Zukunft blicken lässt.

Wie so oft strahlt die Sonne auf das idyllisch von Weinbergen eingebettete historische Gebäudeensemble von Schloss Vollrads im Rheingau. Das mittlerweile größte Bio-Weingut Hessens oberhalb von Winkel ist für seine Spitzenrieslinge bekannt und arbeitet aktuell mit dem Bau einer neuen Kellerei an einer ebenso strahlenden Zukunft. Dabei wäre die gut 800-jährige Geschichte eines der ältesten Weingüter der Welt 1997 fast vorbei gewesen. Nach vielen Jahren zunehmender wirtschaftlicher Schwierigkeiten ist das imposante Anwesen der Adelsfamilie Matuschka-Greiffenclau ausweglos hoch verschuldet. In dieser Situation übernimmt die Naspa als langjährige Hausbank 1999 das Weingut selbst und bekennt sich zu Schloss Vollrads als schützenswertem Kulturgut. Wirtschaftliche Voraussetzung ist künftig eine »schwarze Null«. Das heißt, das Weingut soll sich selbst und die Instandhaltung der historischen Immobilien tragen. Die Naspa verzichtet im Gegenzug auf fällige Dividenden und investiert so fortlaufend in den Betrieb.

Neuausrichtung des Weinguts

Ein Beirat, der sich aus den Vorstandsmitgliedern der Naspa zusammensetzt, gibt fortan weit gefasst den wirtschaftlichen Rahmen vor. Das operative Geschäft legt die Sparkasse aber von Anfang an in die Hände von Profis: Erster Geschäftsführer wird der Önologe Dr. Rowald Hepp. Er leitete vorher den »Staatlichen Hofkeller« in Würzburg, der unter seiner Führung zu einer erstklassigen Adresse avancierte. In Vollrads ist er neben dem Weingut auch für den Unterhalt des denkmalgeschützten Schlosses sowie des gutseigenen Restaurants zuständig. Der promovierte Winzer hat auch auf Schloss Vollrads eine glückliche Hand. Bis zur planmäßigen Übergabe der Geschäftsführung im Dezember 2020 richtet er das Weingut völlig neu aus. Unter anderem fallen die Renovierung der Schlossanlage, die sukzessive Erweiterung der Rebflächen auf heute 63 Hektar, der Aufbau eines internationalen Vertriebsnetzes für die Weine und die 2019 begonnene Umstellung auf Bio-Wein unter seine Regie. Nachhaltigkeit wird zur Richtschnur. Schloss Vollrads steht damit auf vier Säulen: dem Weingut als tragendem Pfeiler plus Veranstaltungen, Gastronomie und Liegenschaft.

Die erfolgreiche Arbeit von Dr. Hepp führt seit Januar 2021 der neue Geschäftsführer Ralf Bengel fort, ebenfalls Winzer und Önologe. Er war vorher mehr als 15 Jahre Chefönologe bei den Hessischen Staatsweingütern Kloster Eberbach. Die Naspa hat ihn mit zwei Großprojekten betraut: das Weingut auf eine ökologische Wirtschaftsweise umzustellen und eine neue Kellerei zu bauen. Dies leitete er bereits ab 2018 in einem geordneten Übergang zuerst noch gemeinsam mit Dr. Hepp ein. Bengel kann für beide Aufgaben auf den richtigen Erfahrungsschatz bauen: Er hat für die Staatsweingüter bereits einen Kellerbau begleitet. Und er hat schon in den 1990er-Jahren ein Weingut auf ökologischen Weinbau umgestellt. Dazu profitiert auch er vom Vertrauen der Naspa in seine Expertise, wie es auch Dr. Hepp bei seinem Abschied herausstellte: »Ich danke der Nassauischen Sparkasse für den Vertrauensvorschuss sowie für das hohe Maß an Eigenverantwortung und Entscheidungsbefugnis.«

Bengel kann nahtlos an die Leistungen seines Vorgängers anschließen: 2022 wurde Schloss Vollrads als Sieger des weltweit größten Riesling-Wettbewerbs gewissermaßen »Riesling-Weltmeister« und errang mit allen Weinen die Auszeichnung »Riesling-Kollektion des Jahres«. Im September desselben Jahres kann auch die Umstellung auf biologischen Weinbau nach den vorgeschriebenen drei Jahren erfolgreich abgeschlossen werden. Mit dem Weinjahrgang 2022 ist Schloss Vollrads ganz offiziell Hessens größtes Bioweingut. Die gelungene Umstellung gemäß dem Vollradser Motto »Qualität, Behutsamkeit und Nachhaltigkeit« sorgte für Aufbruchstimmung in der Belegschaft, die Bengel auch noch für weitere Neuerungen nutzen will: »Wir wollen die Produktionsabläufe modern, effizient und qualitätssteigernd ausrichten, deshalb auch der Bau der neuen Kellerei. Wir werden die Digitalisierung weiter vorantreiben und den Vertrieb zukunftsgerichtet gestalten. Und wir haben ein Gastronomie- und Veranstaltungskonzept entwickelt, mit dem wir flexibler auf Veränderungen wie durch die Pandemie reagieren können.« 2020 wurden wegen Covid von 500 gebuchten Veranstaltungen rund 400 abgesagt. Aber dadurch hat sich die Weiterentwicklung des Weinguts ebenso wenig aufhalten lassen wie 2021 durch einen für den Ökoweinbau existenzgefährdenden Mehltaubefall, der immerhin 10 % Traubenverlust verursachte.

Aktuell ist Schloss Vollrads mittendrin bei der Verwirklichung eines weiteren Meilensteins: der neuen Kellerei. Die Baukosten von rund zehn Millionen Euro kann das Weingut dank des Dividendenverzichts der Naspa aus Eigenmitteln aufbringen. Der im Sommer 2022 begonnene zweigeschossige Neubau mit beachtlichen Ausmaßen zeigt, wie ernst es der Nassauischen Sparkasse ist, das Weingut in eine gute Zukunft zu führen. 100 Meter lang und 25 Meter breit fügt sich das architektonisch eher unauffällige Gebäude mit Holzfassade harmonisch in das Gelände ein. Das integrierte Tanklager fasst später bis zu 900.000 Liter Wein. Wenn die Kellerei wie vorgesehen Mitte 2024 eröffnet, ist Vollrads dann auch das Weingut mit dem modernsten Weinkeller Hessens.

Wein wird in ein Glas eingeschenkt
Das auf Riesling spezialisierte Weingut ist immer wieder für Spitzenweine dieser Rebsorte gut. So auch 2022 als Sieger des weltweit größten Riesling-Wettbewerbs.

1097

Erste urkundliche Erwähnung des Namens Greiffenclau

1211

Älteste Weinrechnung der Welt dokumentiert Weinhandel

»Der Wettbewerb auf dem Weinmarkt bleibt sehr anspruchsvoll. Hier zählt Qualität. Zudem erweist sich Regionalität mit einem lokalen Finanzpartner wie der Naspa an der Seite als stabilisierender Faktor.«
Ralf Bengel
Geschäftsführer Schloss Vollrads
Ralf Bengel
Schloss Vollrads
Tradition trifft auf Nachhaltigkeit: Seit dem Weinjahrgang 2022 ist Schloss Vollrads auch das größte Bioweingut in Hessen.

1330

Das Wahrzeichen des Weinguts, der Wohnturm, wird errichtet

1684

Fertigstellung des Herrenhauses als Stammsitz des Adelsgeschlechts Greiffenclau, später Matuschka-Greiffenclau

»Wir wollen den eingeschlagenen erfolgreichen, nachhaltigen Weg konsequent fortsetzen.«
Marcus Nähser
Vorsitzender des Vorstandes der Nassauischen Sparkasse und Beiratsvorsitzender Weingut Schloss Vollrads
Marcus Nähser

Nachhaltiges Energiekonzept für Gesamtanlage

Mit dem Neubau ist gleich auch ein neues Energiekonzept verbunden, das die drei veralteten Öl-Heizanlagen des Schlosses ablöst: Künftig sorgen eine Solaranlage auf dem kompletten Flachdach der Kellerei mit einer Leistung von 210 Kilowatt-Peak, eine zusätzliche 136 Kilowatt-Peak-Anlage auf dem Dach der Maschinenhalle, großzügig dimensionierte Speicher und ein Blockheizkraftwerk für den Winter per Nahwärmenetz dafür, dass Schloss Vollrads mit Weingut und Gastronomie zu rund 80 % energieautark wird. Die gesamte Energiezentrale ist in der Kellerei untergebracht.

Der Neubau bildet so die Grundlage für die Weiterentwicklung der Weinqualität und sichert gleichzeitig die wirtschaftliche Zukunft der gesamten Schlossanlage. Künftig kann die Traubenverarbeitung deutlich schonender ablaufen, was sich letztlich auf die Qualität der Weine auswirkt. Bengel kann es daher kaum erwarten, bis die Kellerei fertig ist: »Es ist etwas Besonderes, zu sehen, wie ein solch zukunftsträchtiges Gebäude entsteht. Und das ziemlich genau 300 Jahre nach Vollendung der Schlossanlage.« Der Winzer weiß um die Verantwortung für das Rheingauer Kulturgut. Mit der Kellerei will er die Qualität der Schlossweine auf hohem Niveau stabilisieren und die künftige Messlatte noch höher legen: »Der Wettbewerb auf dem Weinmarkt bleibt sehr anspruchsvoll. Hier zählt Qualität. Zudem erweist sich Regionalität mit einem lokalen Finanzpartner wie der Naspa an der Seite als stabilisierender Faktor.«

Letztlich profitiert Vollrads auch seit 1999 von der Eigentümerstruktur: Erfahrenen Winzern wie Bengel stehen erfahrene Banker zur Seite. Bei einem Jahresumsatz von aktuell rund sechs Millionen Euro bleibt die Dividende im Unternehmen. Dies ermöglicht es, Investitionen wie die Kellerei aus eigener Kraft zu stemmen. Einer dieser Banker ist Marcus Nähser, Vorstandsvorsitzender der Naspa und Beiratsvorsitzender Weingut Schloss Vollrads, der deshalb auch optimistisch in die Zukunft blickt: »Wir wollen den eingeschlagenen erfolgreichen, nachhaltigen Weg konsequent fortsetzen und die Position von Schloss Vollrads als attraktives Kulturgut und Naherholungsziel weiter stärken.«

Architekturskizze: Neue Kellerei von Schloss Vollrads
Noch Architekturskizze, aber schon 2024 Realität: die neue Kellerei von Schloss Vollrads, die gleichzeitig auch die künftige nachhaltige Energieversorgung sicherstellt.

1716

Errichtung des Cabinetkellers als Lagerort für beste Weine – erste Weinklassifikation

1897

Schloss Vollrads ist Gründungsmitglied des VDP: Verband Deutscher Prädikatsweingüter

1999

Schloss und Weingut gehen in den Besitz der Nassauischen Sparkasse über

2001

Schloss Vollrads zählt zu den 100 besten Weingütern der Welt

2022

Größtes Bio- Weingut in Hessen

Weintrauben in großem Eimer, beschriftet mit 'Weingut Vollrads'

Kurzprofil Nassauische Sparkasse

Das Geschäftsgebiet der Nassauischen Sparkasse (Naspa) von der Finanzmetropole Frankfurt bis zur einzigartigen Kulturregion Rhein-Lahn und zum Westerwald besticht durch seine Vielfalt und seinen Facettenreichtum. Als eine der großen Sparkassen in Deutschland mit einer Bilanzsumme von 15,4 Milliarden Euro, 71 Geschäftsstellen und mehr als 1.550 Beschäftigten ist die Naspa ein Stabilitätsanker für Wirtschaft und Gesellschaft. Dabei bekennt sie sich ausdrücklich zum Prinzip der Nachhaltigkeit.